Osterkerze 2015

Gedanken zur Osterkerze: Perlen des Glaubens

In den 1960er Jahren beobachtet Martin Lönnebo, ein Pastor aus Schweden, bei einem Urlaub in Griechenland Fischer (othodoxe Christen), die die Perlen ihrer Gebetsketten durch die Hände gleiten ließen. Ihn hat dieses „hangreifliche“ beten sehr beeindruckt.

In der Tradition seiner Kirche gab es keine solche Gebetskette. Er war sich aber sicher, dass im Glauben so viele Schätze vergraben liegen, an die man viel zu selten denkt und über die man regelmäßig meditieren könnte oder als Anlass für ein Gebet nehmen könnte. Und so sammelte er aus dem reichen Schatz seines Glaubens „Perlen“. In Deutschland sind diese Perlen seit dem ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin bekannt geworden.

Als in diesem Jahr das neue Hungertuch vorgestellt wurde, musste ich an diese Perlen des Glaubens, wie sie der Pastor genannt hatte, denken und fand plötzlich einige Verbindungen zu unserer Gemeinde:

An jedem Sonntag in der Fastenzeit haben wir eines der goldenen Körner auf dem Hungertuch mit einem Namen belegt und dabei lauter Schätze gefunden, die uns nicht nur durch die Fastenzeit begleiten wollten.
Unsere Erstkommunionkinder sollten sich gar selbst als Perlen, als Schätze in Gottes Hand begreifen lernen. Ich hoffe, dass sie dabei nicht nur sich selbst, sondern noch viel mehr an Kostbarkeiten gefunden haben.

Damit kamen nun genügend Impulse für die Osterkerze zusammen und wir können uns die Perlen, die mir dabei durch den Sinn gingen etwas genauer ansehen: Ich habe mich dabei ein Stück weit an den Perlen des Glaubens orientiert, die in einem Armband zusammengefasst wurden:

Die größte Perle ist die Gottesperle. Im Armband und auf dem Hungertuch steht für Gott das Gold.

Auf der Kerze ist sie goldgelb. Ohne Struktur, unergründlich. Sie steht hinter allen anderen Perlen, weil sie der Urgrund für alles ist.

Im Perlenband kommt nun eine längliche Perle, die immer wieder auftaucht. Sie steht für die Stille zwischen den einzelnen Gedanken. Da unsere Kerze keine Meditationshilfe im engeren Sinn ist, taucht sie als Gestaltungsmerkmal nicht regelmäßig auf.

Nun erscheinen zwei weiße Perlen. Die erste steht für den Meditierenden: die Ich-Perle und die größere weiße Perle steht für die Taufe. Bei mir ist die Taufperle links von der Mitte und die Ich-Perle rechts. Die Taufperle enthält bei mir die Taube für den heiligen Geist und eine Welle für das Taufwasser. Die Ich-Perle steht etwas im Hintergrund – man muss sich nicht so wichtig nehmen, sollte sich aber auch nicht vergessen.

Nach der Taufe im Jordan ging Jesus in die Wüste. Wüste ist nicht nur ein lebensfeindlicher Ort, sondern kann auch als Ort der Kontemplation gesehen werden, dem die Reizüberflutung fremd ist und der dadurch zu einer inneren Schau der Dinge führt. Meine Wüstenperle ist in Ockertönen gehalten und erinnert entfernt an eine Sanddüne.

Direkt neben der Mitte der Kerze ist eine grüne Perle zu sehen. Im Perlenarmband ist sie dunkelblau. Sie steht für die Gelassenheit. Für mich ist dieser Schatz eher mit einer grünen Sommerwiese oder dem Blick in eine Baumkrone verbunden. Deshalb ist meine Gelassenheitsperle eben grün. Gelassenheit verbinde ich auch mit etwas abzugeben, etwas loszulassen. Deshalb ist auf dieser Perle auch eine aufnahmebereite Hand, in die man etwas abgeben kann.

Gehen wir wieder auf die linke Seite, dann kommen wir zu einer Doppelperle. Zwei Perlen und dazu noch rot, das kann nur für die Liebe stehen. Sie brennen für ihre Aussage, deshalb haben sie einen kleinen Flammenschweif bekommen. Und weil die Liebe wirklich das A und O ist, haben wir hier auch den passenden Ort für Alpha und Omega gefunden.

Jetzt fehlt noch eine nicht zentrale Perle, die wir nicht verschweigen dürfen. Sie ist fast schwarz und zeigt ein angedeutetes Gesicht. Für mich ist es so ähnlich wie das Gesicht, das man im Mond mit etwas Fantasie erkennen kann. Die Perle steht für unsere dunklen Seiten und den Tod. Mir war wichtig, dass auch diese Perle sich einfügt und gleichberechtig dabei sein darf.

In der vorderen Mitte steht die zentrale Perle. Sie ist zart blau bis weiß und steht für die Auferstehung.

Sie hat einen Riss so wie auch die Rückwand unserer Kirche einen Riss darstellt. Für mich ist Auferstehung etwas Gewaltiges. Vielleicht ist es ja auch schmerzlich? Ich weiß es nicht. Der Riss, der durch die Auferstehungsperle geht hat ein blutrotes Ende. Kein Geburtsvorgang ist völlig unblutig. Aber es gibt auch noch eine andere Seite. Aus dieser Perle wächst etwas heraus: Eine Weizenpflanze oder doch eher ein Dinkel? Ich habe eher an den Dinkel gedacht und mir sagen lassen, dass der Weizen zurzeit von Jesus eher wie unser Dinkel ausgesehen hat. So ist auf der Kerze durch die Pflanze auch ein Kreuz entstanden: frisch grün, mit einer noch nicht reifen Ähre, voller Leben. Hinter diesem Halm taucht in braun auch eine reife Ähre auf mit geneigtem Kopf.

Zusammen bilden diese beiden fast das Bekannte Christus- Zeichen aus den zwei griechischen Buchstaben Chi und Rho.

Und jetzt haben wir den ganz großen Bogen wieder zu unseren Griechen aus dem Urlaub des Pastors Martin Lönnebro. Egal in welcher Form wir uns handgreiflich mit unserem Glauben auseinandersetzen, ob wir dazu eine Gebetskette oder ein Bild wie auf der Osterkerze benutzen, wir müssen etwas in die Hand nehmen, denn ein ganz wichtiger Aspekt des Glaubens ist für mich das Tun. Und damit haben wir sogar noch einen Nebenaspekt des Jahresthemas angedeutet.

Angelika Kopp                    Zurück(Archiv)