Osterkerze 2019

Osterkerze: „Ja und Amen“ oder „A und O“

 Es ist sonderbar. Wenn eine Osterkerze fertig ist, dann bleibt manchmal ein Rest an Energie übrig, die irgendwie kreativ werden will. Die eine Kerze ist fertig und doch spürt man, dass schon die Kerze für das nächste Jahr anfängt zu wachsen.

 Im letzten Jahr war es der Gedanke: Warum steht auf der Osterkerze eigentlich Alpha und Omega und nicht Omega und Alpha. Wir feiern doch an Ostern nicht nur das Ende, das Omega, sondern das Alpha, den neuen Beginn! Müsste es dann nicht Omega und Alpha auf der Osterkerze heißen?
Ich weiß natürlich, dass das Alpha und Omega nicht nur  einen begrenzten Zeitabschnitt umfasst. Dass es alles umfasst „von Ewigkeit zu Ewigkeit“.

Aber irgendwie hat mich dieser Gedanke das ganze letzte Jahr begleitet. Anfang und Ende. Und Ende und Anfang.

 Erst dabei wurde mir bewusst, wie oft Gedanken zu Anfang und Ende im täglich Umfeld und natürlich auch im Gottesdienst vorkommen:
Da gibt es zuerst meinen Tagesablauf, der sich zwischen Aufwachen und Einschlafen erstreckt. Er erscheint mir überschaubar. Wie wichtig eine solche Struktur ist, merken wir erst, wenn wir Menschen begegnen, denen diese Struktur verloren geht.

Meine ganze Lebenszeit zu überschauen, fällt mir schon viel schwerer. Vieles aus meiner Vergangenheit habe ich nicht mehr im Bewusstsein und die Frage nach der Zukunft enthält auch viel Ungewisses.

Im Kirchenjahr tauchen sehr häufig Geschichten vom Anfang und vom Ende auf. Oft auch in Verbindung mit Geschichten vom Verwandeln: Schöpfung, Passion und Ostern, Geschichten von Menschen, die ihr Leben ändern. Geschichten vom Ende der Zeit.

Dieser kleine Getränkedeckel, der nachher in den Sammelbehälter im Vorraum landet, hat keinen Platz auf der Kerze gefunden, hat aber auch etwas mit Alpha und Omega zu tun. Falls es Ihnen jetzt langweilig wird, können Sie ja in der Zwischenzeit mal darüber nachdenken.

Auf der Osterkerze ist also in diesem Jahr nicht nur ein dunkelrotes Alpha und Omega, sondern auch noch ein zweites hellgelbes Alpha, das dahinter steht. Das alte und das neue Alpha sind als Buchstaben A in zwei Worte eingebaut: JA und AMEN.

Ja und Amen: Vielleicht klingt das etwas resigniert. Wir benutzen diese Sprechweise oft auf diese Weise. Wenn jemand zu Allem Ja und Amen sagt, dann will er wohl nicht gerade alles in Frage stellen und denkt eher an ein  Ende, einen Abschluss, als an einen hoffnungsvollen Neuanfang. Aber mir ist aufgefallen, dass die ganze Bibel sich für mich zwischen diesen beiden Worten aufspannt.

Steht nicht am Anfang der Bibel im Buch Genesis, der Schöpfungsgeschichte, das große JA Gottes zu seiner Schöpfung. „Gott sah, dass es gut war“. Da gibt es keine „Ausschussware“ oder B-Qualität. „Gott sah, dass es gut war“. Und am Ende in der Offenbarung steht das große AMEN in Verbindung mit einem JA: „Ja, ich komme bald. - Amen. Komm, Herr Jesus!“ Der Zuspruch Christi (ja, ich komme bald) und die Bestätigung dieses Zuspruchs. (Amen, d.h. So sei es und zwar ganz bestimmt)

Diesen großen Bogen habe ich nun versucht auf die gut 37 cm Kerzenumfang zu übertragen. Auf der Rückseite der Kerze beginnen wir mit den Bildern aus der Schöpfungsgeschichte: Sonne, Mond und Sterne – das Meer mit den Fischen, der Vogel darüber, der sich in die Luft erhebt und die Getreideähren, die am J des Ja verankert sind. Das Getreide,die Fische und der Vogel, sie stehen für alles, was lebendig ist. Der Mensch ist nicht abgebildet.  Wir stehen ja als Betrachter davor. So ist jeder Betrachter mit in das Bild hinein genommen. Zu allem und jedem ist das große JA gesprochen.

Aus diesem Ja zur Schöpfung, eigentlich aus dem Wasser, erhebt sich ein Regenbogenband. Es ist natürlich nicht ein realer Regenbogen: In der Mitte dreht sich die Farbenfolge um. Die Mitte, das ist das Kreuz, das auf keiner Osterkerze fehlen sollte. Es ist eine Abwandlung unseres Knospenkreuzes, das wir hier in der Kirche immer vor uns haben. Auf der Kerze wächst es aus dem Omega heraus. Das Omega hat die Form eines Durchgangs, eines Tors. Hier findet ein Übergang statt. Das Kreuz soll aber nicht einfach ein Karfreitagskreuz sein. Aus dem dunklen Kreuz brechen an den Stellen der fünf Wundmale Christi Knospen auf: Das Ende, der Tod, enthält schon die Kraft für den Neuanfang: Ende und Anfang. Hinter dem dunklen Kreuz ist schon ein Abglanz des Osterfestes in hellem Gelb zu erkennen. Dieses helle Gelb bildet die Verbindung zum Amen aus der Offenbarung.
In der Offenbarung  tauchen häufig bestimmte Zahlen auf. Die Zahl sieben erscheint z.B. in dem sprichwörtlichen Buch mit den sieben Siegeln und in den sieben Leuchtern der sieben Gemeinden, an die die Offenbarung gerichtet ist. Auf der Kerze sind dafür die sieben Flammen abgebildet.
Jetzt sind wir wieder auf der Rückseite der Kerze angelangt. Der Kreis schließt sich. - Auch wenn Sie nur auf den Bildern in Ihren Händen diesen ganzen Weg zusammen sehen können, so haben wir doch die drei Stationen der Kerze in jedem Gottesdienst immer vor uns:

·   Für das Alpha im JA, das zu jedem von uns in der Taufe gesprochen wurde, steht der Taufstein.

·   Das Omega, der Umbruch und Aufbruch wird uns am Knospenkreuz, das den Stein aufbricht, vor Augen       geführt.

·   Und an der Rückwand haben wir den Blick auf das himmlische Jerusalem der Offenbarung, das zweite Alpha.

Es ist eben immer wieder das gleiche Spannungsfeld von Anfang und Ende.

Ach ja, es fehlt ja noch etwas:

Was hat für mich der kleine Getränkedeckel mit der Osterkerze zu tun?

Wenn Gott mit seiner Schöpfung so liebevoll und nachhaltig umgeht, und uns die Gewissheit eines neuen Anfangs zusagt, dann sollte das auch für uns Auftrag sein. Vieles von dem, was wir vielleicht nicht so gut erschaffen haben – wie unseres ganze Plastikwelt – lässt sich wenigstens nachhaltig zu etwas Neuem verwandeln.

Ich glaube, dass wir da noch Einiges tun können. Wir brauchen noch viele gute Ideen!