Chorrückwand

Graue, unbehauene und quaderförmige Natursteine formen eine Mauer. Insgesamt ist sie ein großes Viereck.

Sie ist Symbol für das Irdische, das noch kaum geformt ist und wenig farbliche Ausstrahlung hat. Die Mauer wirkt abweisend und kalt. Sie ist aus toten Steinen erbaut, die den Weg zum Leben versperren.

Durch diese Mauer geht nun ein Riss, von unten bis oben. Aus diesem Riss entfaltet sich das himmlische Jerusalem. Dessen Dächer könnten an einen Strauß von Blumen erinnern. Die Bögen in der Grundfarbe blau schimmern in verschieden hellen Tönen. Sie sind unterschiedlich groß und weisen leichte Unterschiede der Form auf. Sie entfalten sich in einer Raute, zwei aufeinanderliegenden gleichschenkligen Dreiecken.

Das neue Jerusalem symbolisiert in der Offenbarung des Johannes (Apk 21,1-5) die Hoffnung auf den Himmel. Das ist in den Worten Jesu das Reich Gottes; es ist ein Ort, wo Gott wohnt und Menschen nicht mehr leiden müssen. Die unterschiedliche Größe und Farbtöne der Dächer weisen daraufhin, dass an diesem Ort nicht alles einförmig und langweilig ist. Vielmehr drückt sich in diesen Bögen eine harmonische Vielheit aus. Das Blau war in Spätantike und Mittelalter zum einen eine königliche Farbe, und sie weist so hin auf das Königreich Gottes. Zum anderen ist blau die Farbe des Himmels und der Sehnsucht nach dem Himmel (im Matthäusevangelium spricht Jesus vom Reich des Himmels).

Die Sehnsucht der Christen nach dem Himmel auf Erden ist eine Kraft, die mithilft, dass die steinerne Mauer aufgebrochen werden kann. Das Dreieck ist Ausdruck für das Göttliche (vgl. die ersten drei der zehn Gebote, die sich auf Gott beziehen; die drei theologischen Tugenden Glaube; Liebe, Hoffnung; die drei Weisen, die zur Krippe kommen; die Dreifaltigkeit). Eines der Dreiecke weist nach oben, zum Himmel, das andere zur Erde. Die Form des Dreiecks steht in Kontrast zum Viereck der steinernen Quader und zur Form der gesamten Mauer. Das Viereck ist das Symbol für den Menschen und die irdische Welt (vgl. vier Elemente; vier Jahreszeiten, vier Himmelsrichtungen). Neben dem Dreieck ist die zweite Form des himmlischen Jerusalem der Bogen, der den Kreis bzw. die Kugel andeutet. Dies ist ein schon in der Spätantike verwendetes Zeichen für die Vollkommenheit und Unendlichkeit, weil der Kreis keinen Anfang und kein Ende hat. Dieser so dargestellte Himmel beginnt nun nicht hinter der Welt oder jenseits von Zeit und Raum, sondern indem gerade diese Welt in ihrer Kälte und Härte aufgebrochen wird und das Reich Gottes daraus hervorwachsen kann (es ist wie das Reißen des Vorhangs beim Tod Jesu, der für alle - nicht mehr nur für den Hohepriester den Blick auf das Allerheiligste freigibt).

Auch wenn die vollendete Gestalt des Reiches Gottes in unserer Welt noch aussteht, sind wir überzeugt, dass in Jesus Christus diese Welt definitiv zu wachsen begonnen hat. Jetzt schon ist das Reich Gottes mitten unter uns (Lk 17,21), was in sakramentalen Zeichen sichtbar gemacht wird.

Besonders die Grundsakramente Taufe und Eucharistie bekunden diese Erfahrung. Deshalb tauchen Farbe (blau) und Formen (Dreieck bzw. Raute sowie der Kreis) des himmlischen Jerusalem im Bereich des Altars und des Taufbeckens wieder auf. Das Dreieck als gestalterisches Grundelement der Kirche lässt sich auch beim Ambo, Tabernakel, Kreuz, Baldachin, Marienecke entdecken. Die aufbrechende Wand sowie der gesamte Altarbereich werden beleuchtet durch einen Baldachin. Dieser erinnert an ein Dach als Symbol für Schutz, Geborgenheit und Heimat. Der Baldachin weist daraufhin, dass die Gläubigen solche Erfahrungen schon in diesem Leben machen und in der gemeinschaftlichen Feier des Abendmahls des Herrn einander bezeugen. Aber dieses Dach über dem Altar weist mit seinem Licht auch hinaus auf die Dächer des neuen Jerusalem, wo endgültig „der Tod nicht mehr sein wird, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal" (Apk 21,4).

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